Der "3. Weg" im Westerwald
Der 3. Weg ist im Westerald in jüngster Zeit verstärkt aktiv.
Unter dem Rubrum "Hui Wäller - Familie Heimat Tradition" führt der "3. Weg" eine Demonstration im Westerwald durch. Es handelt sich dabei nicht um eine Demonstration im demokratischen Sinne, bei der ein politisches Anliegen öffentlich gemacht werden soll. Statt dessen handelt es sich bei solchen Aufmärschen um eine Strategie der Raum- und Wortergreifung. Ziel wird es sein, Flyer und Aufkleber zu verteilen und demokratischen MitbürgerInnen Angst einzujagen.
19.9.2016: Update der Aktivitäten.
Geschichte des "3. Wegs"
Das Freie Netz Süd (FNS) wurde 2009 als Dachverband für rechtsextremistische "freie Kameradschaften" gegründet. Die Gründung erfolgte, weil die NPD als zu gemäßigt und zu wenig aktionsbereit empfunden wurde. Im FNS fanden sich daher vor allem subkulturell geprägte und gewaltbereite RechtsextremistInnen zusammen.
Seit im bayerischen Landtag 2012 beschlossen wurde, auf ein Verbot des FNS hinzuwirken, liefen Bestrebungen, die Arbeit dieser Gruppierung fortzusetzen. Sie endeten in der Gründung von "Der 3. Weg" Ende 2013.
Dabei wurde die äußere Form als Partei ausdrücklich gewählt, weil Parteien in Deutschland einen noch höheren Schutz genießen als Vereine und ein erneutes Verbot damit unwahrscheinlicher erschien.
Ausrichtung des "3. Weg"
Dem entsprechend macht der "3. Weg" kaum Werbung und versucht auch nicht, Mitglieder zu werben. Statt dessen versteht sich der "3. Weg" als avantgardistische Elite von Straßenkämpfern. Ihre Selbstbeschreibung lautet "National - Revolutionär - Sozialistisch".
Dabei versucht der "3. Weg" sich als Kümmerer und Zusammenschluss von "besorgten Bürgern" darzustellen, während die öffentlichen Auftritte als martialisch wirkender Block organisiert werden.
Passend zu diesem Selbstverständnis bietet der "3. Weg" auf seiner Website Handreichungen für politische und gesellschaftliche Organisation.
So findet sich zum Beispiel ein Leitfaden "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft" mit dem Untertitel "Wie be- bzw verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner Nachbarschaft". Passend dazu ist eine Karte abrufbar, auf denen die Standorte von fast 5000 Unterkünften für Asylbewerber und Schutzsuchende verzeichnet sind.
Die Gruppierung gilt als extrem gewaltbereit und heißt in ihren Veröffentlichungen regelmäßig Gewalt gegen Menschen und Sachen gut, sofern es sich nicht um autochthone Deutsche oder um politisch Gleichgesinnte und deren Besitz handelt.
Organisiert ist der "3. Weg" in sogenannten Stützpunkten, die über ganz Deutschland verteilt sind. Die Anzahl der Mitglieder in diesen lokalen Gruppen ist stark unterschiedlich, sie dienen hauptsächlich als ortskundige Aktivisten, die jederzeit auf das Mobilisierungspotential anderer Stützpunkte zugreifen können.
Aktivitäten im Westerwald
Von 21 Stützpunkten in der Bundesrepublik ist der Stützpunkt "Westerwald/Taunus" einer der aktivsten. Er steht mit derzeit 88 Aktionen (Stand: 8.9.2016) an fünfter Stelle des Rankings (Durchschnitt: 55 Aktionen pro Stützpunkt).
Wir schätzen das ständig verfügbare Personal für den Westerwald auf 30-40 Personen.
Aktionen finden regelmäßig statt. Meistens handelt es sich um die Verteilung von Flublättern in einzelnen Ortschaften des Westerwaldkreises. Gelegentlich fallen auch klandestine Verteilungen auf, so wurden in einer Kirche Flugblätter in sämtlichen Gesangbüchern gefunden. Sie konnten rechtzeitig vor dem Gottesdienst entfernt werden.
Zu den Aktionen gehörte auch die Versendung von Postkarten an die Privatadressen von PolitikerInnen demokratischer Parteien und JournalistInnen. Mit den Postkarten wurden diese zur Auswanderung aufgefordert.
Ganz im Stile der Wochenschauen der 1940er Jahre berichtet der "3. Weg" am 5. September 2016 über einen "Arbeiteinsatz bei" einer "jungen deutschen Familie im Westerwald". Dabei half man nach eigenem Bekunden beim Umbau des Hauses.
Am 6. August 2016 wurde in der Stadt Hachenburg ein Infostand aufgebaut. Dabei fühlten sich KundInnen und MitarbeiterInnen anliegender Geschäfte beunruhigt und bedrängt.
Am 15.9.2016 wurde eine Demonstration unter Leitung von Julian B. in Bad Marienberg durchgeführt. Daran beteiligten sich die NPD Hessen und DaKSuT aus Bochum in Gestalt von Branko Barkic. Durch eine entschlossene Blockade der Antifa konnte der Zug aus etwa 20 Personen nicht die angekündigte Route nehmen, sondern wurde von der Polizei vom Stadtzentrum weg umgeleitet. Mitglieder von "Bekenntnis zu Deutschland" hatten sich entlang des angekündigten Demonstrationsweges postiert, doch nur wenige, darunter Uwe L., solidarisierten sich offen mit dem "3.Weg".
Bei dieser Demonstration wurde ein Aufkleber mit dem Konterfei eines Journalisten verbreitet. Darunter sein voller Name und der Name seines Arbeitgebers. Die Aufschrift lautete "not welcome".
Verbindungen zu anderen Gruppen im Westerwald und in der Umgebung
Im Oktober 2015 gründete sich der PEGIDA-Clon "Stegskopf - wir sagen Nein", der inzwischen unter "Bekenntnis zu Deutschland" (BzD) firmiert.
Diese Gruppe wurde von Gründungsmitgliedern von PEGIDA Dresden zusammen mit dem AfD-Mitglied T.F. aus dem Westerwald gegründet. Letzterer hat zwischen Oktober 2015 und März 2016 etwa alle 14 Tage Demonstrationen angemeldet, danach verabschiedete sich die Gruppe, wie bei PEGIDA-Ablegern üblich, in die Sommerpause.
Obwohl die Gruppe offiziell nicht zur AfD gehört, wie es der Strategie der AfD entspricht, wird auf den Demonstrationen darauf hingewiesen, dass es nur eine einzige "wählbare" Partei gebe. Gute Wahlergebnisse der AfD werden ausgiebig gefeiert.
Bei den Demonstrationen von "Bekenntnis zu Deutschland" war der "3. Weg" von Beginn an zahlenmäßig stark vertreten. Weil sie ihre eigenen Parteiplakate, Banner und Uniformen ostentativ zur Schau stellten, kam es zu Unstimmigkeiten mit "BzD".
Diese kulminierten bei einer Anti-Asyl-Demonstration in Haiger ("Haiger Steht Auf", Mai 2015), an der auch BzD teilnahm, in einem offenen Streit. Der Veranstalter der Demonstration hatte die Aktivisten des "3. Weg" im Auftrag eines Vertreters von ProNRW (Dominik Roeseler) aufgefordert, die Parteiwerbung abzukleben. Nota bene: Nicht die Inhalte der Plakate erschienen anstößig, sondern das Logo des "3. Wegs". Die Mitglieder des "3. Wegs" verließen die Demonstration unter Protest.
Bei einer weiteren Veranstaltung am 22.6.2016 in Haiger wurde der Streit sehr zum Wohlgefallen des "3. Wegs" beigelegt, sie konnten dort sogar einen Redner stellen.
Einer Kundgebung von BzD am 23.6.2016 blieb der "3. Weg" fern. Ob der Grund die Unstimmigkeiten waren, oder die Demonstration in Haiger für wichtiger gehalten wurde, ist unbekannt.
Enge Verbindungen und möglicherweise personelle Überschneidungen bestehen zu der Gruppe "Olpe Wehrt Sich". Die Gruppe verinnerlicht den Leitfaden zur Verhinderung von Unterkünften für Asyl- und Schutzsuchende des "3. Weg".
Es besteht Kontakt zu ehemaligen Mitgliedern der "Kameradschaft Westerwald", die 2005 als terroristische Vereinigung (§129a) verboten wurde.
Das Verfahren gegen das "Aktionsbüro Mittelrhein", das derzeit am Landgericht Koblenz anhängig ist, wird vom "3. Weg" durch Artikel auf seiner Website mit großem Wohlwollen für die Angeklagten begleitet.
Einschätzung des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz beschreibt die Ziele des "3. Wegs" in seinem Bericht 2015 so:
Die Partei "Der III. Weg" verfolgt, gemessen an ihrer Programmatik und ihrer Mitgliederschaft, langfristig zweifelsohne das Ziel einer grundlegenden, im Widerspruch zum Grundgesetz stehenden Systemveränderung, wenngleich sie diesbezüglich eindeutige Aussagen vermeidet oder verschleiert. Fernziel dürfte demnach ein Staat sein, in dessen Zentrum eine ethnisch homogene Volksgemeinschaft steht.
Sowohl der Verfassungsschutz des Bundes als auch der von Rheinland-Pfalz schätzen den "3. Weg" als sehr stark gewaltbereit ein. Beide Ämter weisen darauf hin, dass die Hetze gegen Asyl- und Schutzsuchende sowie Migranten als geistige Brandstiftung fungiert.
Im Magazin "Report Mainz" vom 4.8.2016 warnte Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesverfassungsschutzes:
Wir sehen schon, dass diese Agitation, dieses Billigen von Gewalttaten, das unterschwellige Loben von Gewalttaten, dazu beiträgt, weitere Gewaltmaßnahmen anzufeuern. Wir haben die Sorge, dass nicht nur Asylbewerberheime, sondern dass irgendwann auch mal Menschen zu Schaden kommen.
In der gleichen Sendung berichtet "Report Mainz", dass es schon mehrfach einen Zusammenhang zwischen der Agitation des "3. Wegs" und Anschlägen gegen Unterkünfte für Asylbewerber und Schutzsuchende gegeben habe.
Fazit
Wir rechnen im Vorfeld der Bundestagswahlen mit einer hohen Aktivität des "3. Weg".
Infostände und Demonstrationen betrachten wir als Versuch, sich gegenüber BzD abzugrenzen. Ob dies die Unstimmigkeiten verstärkt oder zu einer Beilegung derselben führt, ist noch nicht abzuschätzen und hängt stark davon ab, ob BzD auch im Herbst 2016 wieder Demonstrationen durchführt und bei diesen den Auftritt des "3. Wegs" in militärisch geschlossener Formation duldet.
Die Verteilung von Flyern, das Kleben von Propaganda-Aufklebern und Demonstrationen sind als Markieren von Revier im Sinne einer Raum- und Wortergreifungsstrategie zu verstehen. Eine Forderung nach einer "national befreiten Zone Westerwald" besteht schon länger.
Das Gewaltpotential des "3. Wegs" ist sehr hoch. Aus der Gruppe wurden bereits Drohungen gegen demokratische PolitikerInnen und AntifaschistInnen bekannt.
Quellen
Wir verzichten bewußt auf die Verlinkung zum "3. Weg".
1. Mehr zur Abstammung des "3. Wegs" aus dem FNS bei Endstation Rechts.
2. Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2015.
3. Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz 2015
4. Bundeszentrale für politische Bildung über den "3. Weg"
5. Ausschnitt aus der Sendung "Report Mainz" vom 4.8.2016