Vor wenigen Tagen ist der neue VS-Bericht für Rheinland-Pfalz erschienen. Neben vielen vagen Informationen findet sich ein wichtiges Detail:
"Der Stützpunkt 'Westerwald/Taunus' [der Partei der 3.Weg] führte im Jahr 2022 vielfältige Veranstaltungen durch. Neben regelmäßigen Selbstverteidigungstrainings fanden Stützpunktabende, Vortragsveranstaltungen und ein Liederabend statt. (...) Die vorgenannten Veranstaltungen fanden in den Räumlichkeiten der 'Fassfabrik' in Hachenburg/Westerwald statt, die augenscheinlich als neue Anlaufstelle generiert werden konnte" [1].
Dass in der Hassfabrik auch der 3. Weg verkehrt, sollte an dieser Stelle nicht überraschen. Dass die Hassfabrik, federführend eröffnet und betrieben durch Andreas Schäfer und durch die AfD Westerwald als Adresse genutzt, militante, parlamentarische und finanzielle Akteur*innen der extremen Rechten verankert, vernetzt und radikalisiert, dokumentieren wir bereits seit 2019 [2]. Im Grunde ist es daher ein Skandal, dass die Hassfabrik lediglich einmal im Bericht des Verfassungsschutzes auftaucht und die AfD Westerwald überhaupt keine Erwähnung findet. Die dahinterstehenden Strukturen, worüber der VS, wenn überhaupt dann nur vage, erst nächstes Jahr berichten wird, veröffentlichen wir heute zum x-ten Mal. Denn in den letzten Wochen haben wir weitere, besorgniserregende Aktivitäten in der Hassfabrik beobachtet, aus denen ein taktisches Vorgehen der Betreibenden ersichtlich wird. Dies wollen wir an dieser Stelle explizit thematisieren. Wir sind zu dem Schluss gelangt, dass hier eine Doppelstrategie gefahren wird.
Einerseits werden sympathisierende Kräfte in demokratischen Parteien angesprochen und es wird versucht eine Brücke für diese zu bauen - zuletzt mit der Buchvorlesung des CDU-Mitglieds Axel Bürger am 3.6. [3]. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, die gesellschaftliche Durchlässigkeit für extrem rechte Positionen zu erhöhen. Der Nachbericht, den wir hier dokumentieren, ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. An der Stelle muss das ohrenbetäubende Stillschweigen der Hachenburger Parteien, allen voran der CDU, zu diesem Vorgang scharf kritisiert werden.
Andererseits steht die Hassfabrik spätestens seit 2020 auch radikaleren Kräften für ihre Veranstaltungen zur Verfügung. In diese Kategorie fallen Propagandaveranstaltungen von den Militanz fordernden Verschwörungsgläubigen um die Gruppe „Forke & Schaufel“ der Ex-AfDer Mario Buchner und Torsten Frank. Im Zuge einer Aufzeichnung aus den Räumen 2020 betonte Buchner noch, dass man nicht sagen könne, an welchem Ort man sich befinde [4]. 2022 sind die Vorträge und Kampfsporttrainings des 3. Weg symbolhaft für konspirative Treffen in der Hassfabrik. Dazu ist anzumerken, dass der 3. Weg am 30.3.22 einen Artikel über ein Kampfsporttraining im Westerwald mit Bild veröffentlicht hat. Dieses Bild ist spätestens am 21.4.22 durch ein Symbolbild ersetzt worden [5]. Auch wenn bislang keine eindeutige Zuordnung zu den Räumen des Fassfabrik erfolgen kann, liegt der Verdacht nahe, dass das Bild ersetzt wurde, um die Anonymität der genutzten Räumlichkeit, Hassfabrik oder nicht, zu schützen. Für das Jahr 2023 können wir bereits darüber sprechen, dass am 1.4. eine Veranstaltung mit dem Anwalt Björn Clemens angekündigt wurde [6], dessen juristisches Engagement für Nazis bekannt ist. In der Vergangenheit vertrat Clemens unteranderem den NPD-Funktionär Udo Pastörs, den im NSU-Prozess angeklagten André Eminger und war Verteidiger im AB Mittelrheinprozess. Gemeinsam mit Nicole Schneider, die nach den Feststellungen des VS bereits im Kontext einer Veranstaltung des 3.Weg in der Hassfabrik referierte, bildete Clemens das Verteidigerteam des wegen Beihilfe im Mordfall Walter Lübcke Angeklagten Markus H [7].
Zu Veranstaltungen zweiter Art wird nicht nur nicht öffentlichen eingeladen, sondern sie werden, so unsere Schlussfolgerung, aktiv geheim gehalten. Damit liegt nahe, dass die Betreibenden WISSEN, dass sie ihre Räumlichkeiten Gruppierungen zur Verfügung stellen, mit denen sie öffentlich nicht assoziiert werden wollen - mit denen sie sich unter der Hand aber durchaus vernetzen und gegenseitig unter die Arme greifen.
Unserer Ansicht nach muss die Strategie der Hassfabrik damit als der zweigleisige Versuch verstanden werden, einerseits öffentlich eine Normalisierung der eigenen Positionen über vermeintlich leichte und zugängliche Themen zu schaffen und andererseits, im Verborgenen, den Aufbau extrem Rechter und militanter Strukturen voranzutreiben.
Hachenburg, wir müssen feststellen, dass nicht der Verfassungsschutz dieses Problem lösen wird und auch die Skandalisierung über gelegentliche Presseartikel, wie sie in den letzten Tagen wieder zuhauf geschrieben wurden, nicht ausreicht. Die Hachenburger Zivilgesellschaft, der ganze Westerwald, muss selbst aktiv werden und für eine demokratische, menschliche, offene und solidarische Gesellschaft eintreten.
Wir für unseren Teil werden zunächst weiter daran arbeiten die Hassfabrik endlich dichtzumachen!
Stay tuned
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[1] Siehe Verfassungsschutzbericht 2022 für Rheinland-Pfalz, S.77.
[2] Siehe http://demos-ww.de/index.php/dossiers/dossier-hassfabrik
[3] Siehe Bild 2
[4] Siehe http://demos-ww.de/index.php/dossiers/dossier-hassfabrik
[5] Siehe Bild 3
[6] Siehe Bild 4